Spina bifida (Wirbelspalt, Spaltwirbel) ist eine Neuralrohrfehlbildung, die bei ca. jeder 1.000sten Geburt auftritt. Sie entsteht, wenn sich die Neuralrinne des Embryos am Ende des ersten Schwangerschaftsmonats nicht vollständig zum Neuralrohr schließt und ein Wirbelbogenspalt offen bleibt. Während der dritten bis vierten Woche in der Schwangerschaft verschließt sich die Vorstufe des Wirbelkanals, das so genannte Neuralrohr, um sich dann zur Wirbelsäule mit dem Rückenmark zu entwickeln. Bei Kindern mit Spina bifida ist der Verschluss aus bisher noch nicht näher bekannten Gründen gestört. An einer Stelle bleibt der von den Wirbeln gebildete Rückenmarkskanal offen, weshalb Spina bifida umgangssprachlich auch „offener Rücken“ genannt wird. Der Begriff ist irreführend, da der Rücken nicht tatsächlich offen ist. Die Nerven treten in einer Blase (= Zyste) sichtbar nach außen.
Die Auswirkungen können je nach Position des Wirbelbogendefektes und dem Ausmaß einer Schädigung der Nervenstränge sehr unterschiedlich sein. Sie reichen von eher geringen Beeinträchtigungen wie Sensibilitätsstörungen bis zu einer Querschnittlähmung.
Spina bifida kann vorgeburtlich diagnostiziert werden (Triple-Test).
Bei der offenen Form (Spina bifida aperata) ist der Wirbelbogen gespalten. Die Rückenmarkshäute oder Teile des Rückenmarks wölben sich nach außen. Die Spina bifida ist direkt nach der Geburt sichtbar.
Die geschlossene Form (Spina bifida occulta) wird oft nur durch Zufall entdeckt und kann (zunächst) ohne Symptome verlaufen. Der Wirbelbogen ist zwar gespalten, Rückenmarkshäute oder Rückenmark sind jedoch nicht beteiligt.
Da eine Spina bifida familiär gehäuft auftritt, vermuten Forscher unter anderem genetische Ursachen für die Entwicklungsstörung. Zudem begünstigt ein Mangel an Folsäure die Entstehung des „offenen Rückens“. Amerikanische Studien gehen davon aus, dass eine Spina bifida in etwa 70 Prozent der Fälle durch eine ausreichende und rechtzeitige Folsäuregabe verhindert werden könnte. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente sowie Fieber in der Frühschwangerschaft, Schwangerschaftsdiabetes oder Adipositas der Mutter gelten als Risikofaktoren.
Vorbeugend kann die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Spina bifida bildet, durch einen erhöhten Folsäurespiegel gesenkt werden. Frauen sollten daher schon vor der Schwangerschaft und im ersten Drittel der Schwangerschaft 400 µg in Form von Präparaten aufnehmen (Empfehlung des Arbeitskreises Folsäure)
Bis in die 60er Jahre waren die Überlebensaussichten der Neugeborenen mit Spina bifida gering, da eine Infektion am offenen Rückenmark meist zum Tod führte.
Heute wird das Rückenmark direkt nach der Geburt oder bereits vorgeburtlich verschlossen. Verbunden mit einem in Deutschland hohen Standard an orthopädischer, urologischer Versorgung, Hilfsmitteln und Pflege ist die Lebenserwartung, die Mobilität und die Lebensqualität enorm gestiegen.
Spina bifida [pdf; 297 kB] Tethered Cord [pdf; 126 kB] Latexallergie [pdf; 137 kB]
Quelle: „Kölner-, Kinder- oder Kunden-Informationsmappe“ (KIM) bei, mit freundlicher Genehmigung von PD. Dr. Reinhold Cremer, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der ASBH und Publicare
ASBH-Beiträge zum Thema Pränatale OP (Vereinszeitschrift “Kompass” 2019/20)
Antwort Dr. Rutz, Leserbrief Fr. Baumann
Antwort Brentrup, Leserbrief Fr. Baumann
Antwort wiss Beirat, Leserbrief Fr. Baumann
Pränatale OP Veranstaltungsbericht, Dr. Rutz
Literatur
Der ASBH-Ratgeber „Leben mit Spina bifida und Hydrocephalus“ gibt für Patienten einen guten Überblick über die medizinischen und fachlichen Aspekte. Er kann online bestellt werden, ebenso weitere Fachliteratur zu Urologie, Orthopädie, Spina bifida occulta (okkulte spinale Dysraphie) und andere Themen.