Die EUGH-Entscheidung zum Recht auf kostenlosen Ausdruck von Patientenunterlagen wird von vielen Institutionen begrüßt. Patienten haben einen Anspruch auf die kostenlose Einsicht in ihre Akten – auch ohne Angabe von Gründen. Dieses aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist auch aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE ein wichtiger Schritt. Will man aber die Rechte der PatientInnen wirklich verbessern, braucht es nun ein Patientenrechtegesetz II, das umfassende Veränderungen verankert. Dazu sind entsprechende Reformen des BGB und des Sozialrechtes vorzunehmen, sowie die Maßgaben der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen, so die BAG SELBSTHILFE. „Es stehen vor allem die Umkehr der Beweislast bei der Kausalität von Behandlungsfehlern und eine Schärfung der patientenorientierten Informations- und Aufklärungspflichten der Behandelnden im Fokus. Derzeit sind PatientInnen, die ja faktisch immer einen Behandlungsvertrag mit dem Arzt schließen, gegenüber anderen Personen, die etwa einen Kaufvertrag über ein Auto schließen, hinsichtlich ihrer Beweispflichten benachteiligt, da die Regelungen zur Schuldrechtsreform beim Patientenrechtegesetz I nicht berücksichtigt wurden. Dies muss dringend korrigiert werden“, fordert Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE.
Bislang ist es so, dass PatientInnen grundsätzlich Behandlungsfehler, Gesundheitsschaden und Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für diesen Schaden (sog. Kausalität) beweisen müssen. Gelingt es ihm nicht nachzuweisen, dass der Arzt eine Pflichtverletzung begangen hat, die einen Behandlungsfehler darstellt und diese ursächlich zu einem Gesundheitsschaden geführt hat (§§ 650h I-V, 630f BGB), kann er keine Schadensersatzansprüche geltend machen. Damit PatientInnen überhaupt von einem möglichen Behandlungsfehler erfahren, sollten in Zukunft Ärzte – auch ohne Nachfrage der Patient*innen – verpflichtet sein, hierüber zu informieren.
Auch für Menschen mit Behinderungen fehlt es bislang an einer Absicherung ihrer Rechtspositionen aus der UN-Behindertenrechtskonvention. Rechte, wie den ortsnahen Zugang zu barrierefreien Gesundheitseinrichtungen oder Mitspracherechte von Menschen mit Behinderungen bei der Ausgestaltung des Gesundheitswesens sind in der UN-Behindertenrechtskonvention abstrakt gewährleistet. Dringend erforderlich sind aber konkrete Normen, die die Umsetzung der Rechte in der Praxis sichern.
Darüber hinaus sollten die Regelung der Genehmigungsfiktion in § 13 Abs. 3a SGB V und §§ 18ff SGB IX als Sachleistungsanspruch umgesetzt werden, damit auch Betroffene ohne größeres Vermögen die Möglichkeit haben, Hilfsmittel zeitnah zu erhalten. Denn so würde bei einem Ausbleiben einer Entscheidung der zuständigen Behörde innerhalb einer festgelegten Frist der positive Bescheid auf einen Antrag hypothetisch angenommen, so die BAG SELBSTHILFE in einer Stellungnahme (BAG Selbsthilfe, November 2023).