Suchen

Newsletter abonnieren

Arbeitsgemeinschaft
Spina Bifida und Hydrocephalus e.V. | Selbsthilfe seit 1966

Chancen schaffen für den ersten Arbeitsmarkt – Das Kölner Modellprojekt „Ausbildung mittendrin“

Junge Menschen, die eine inklusive Schule oder eine Förderschule besucht haben, haben es oft schwer, den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Die meisten wechseln von der Schule in die Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Dies wollten einige Eltern junger Menschen nicht hinnehmen. Sie gründeten das Kölner Modellprojekt „Ausbildung mittendrin“, das solche Jugendliche seit 2022 auf ihrem Weg in eine und durch eine duale Ausbildung begleitet. Diese Arbeit des Projektes folgt einem bundesweit neuartigen Ansatz.

Trotz oft hoher Motivation, guter Qualifizierung und zahlreicher Initiativen sowie gesetzlicher Förderungen ist die Erwerbsquote von Menschen mit Behinderung deutlich niedriger als diejenige von Personen ohne Behinderung. So konnten laut dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) nach dem Schuljahr 2021/22 nur drei Prozent der Schülerinnen und Schüler mit einer geistigen Behinderung aus dem Bildungsgang „Geistige Entwicklung“ in den Förderschulen in einen regulären Arbeitsplatz übergehen. Für den Großteil dieser Personengruppe bleibt nur eine Tätigkeit in einer Behindertenwerkstatt oder die Arbeitslosigkeit. Eine duale Ausbildung beginnen? Als wertvolles Teammitglied einen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens leisten? Für diese Menschen ein fast unmöglicher Traum. Das wollten betroffene Eltern ändern. Sie starteten mit dem Kölner Verein „mittendrin e. V.“ das Projekt „Ausbildung mittendrin“.

Im Mai 2022 konnte das Projekt Ausbildung mittendrin mit Förderung vom Land NRW und dem Europäischen Sozialfonds endlich starten und jungen Menschen mit einer Behinderung ermöglichen, dort zu lernen und zu arbeiten, „wo auch alle anderen lernen und arbeiten“, wie es der Verein in seiner Broschüre betont.

Akquise von Betroffenen die am Projekt teilnehmen möchten

In einem ersten Schritt gehen mittendrin e. V. und ProjektRouter auf die Suche nach motivierten Kandidatinnen und Kandidaten, die sich der Herausforderung Ausbildung stellen möchten und die folgenden Kriterien erfüllen: Sie müssen ihren Wohnsitz in Köln haben, einen Schwerbehindertenausweis besitzen und den Bildungsgang Geistige Entwicklung absolviert haben. Das Team von Ausbildung mittendrin bietet dafür Infoabende an, besucht Schulen, wendet sich ans Schulamt und an die Stadt Köln, kontaktiert Werksstätten und Förderschulen. Zudem macht es das Projekt durch Zeitungsartikel und Fernsehbeiträge einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Auch über ProjektRouter finden sich junge Menschen, die schon durch den Inklusionsdienstleister betreut werden und nun eine duale Ausbildung starten möchten.

Die teilnehmenden Unternehmen sind nicht schwer zu finden

Die Akquise der Unternehmen ist dank der schon bestehenden zahlreichen Unternehmenskooperationen von ProjektRouter eine leichte Aufgabe. Denn diese Unternehmen wissen bereits aus Erfahrung, welch hohen Mehrwert Menschen mit Behinderung in ihren Betrieb einbringen können, freut sich Dr. Michael Bader, Bereichskoordinator von ProjektRouter: „Alle Unternehmen sagen immer, die Personen, die wir da reinbringen, sind weniger krank, zuverlässiger, motivierter, kommen gern zur Arbeit und haben eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen.“ Aber auch die Betriebe selbst müssen Engagement mitbringen: Ausdauer und eine realistische Vorstellung davon, was ein Azubi mit Behinderung leisten kann, sind bei der Inklusion dieser Menschen unbedingt erforderlich.

Das Ziel ist gleichberechtigte Teilhabe

„Ausbildung mittendrin“ war im Jahr 2022 mit zehn Teilnehmenden gestartet, von denen im ersten Jahr fünf in eine Ausbildung übergehen konnten, im zweiten Jahr eine Person. Im Jahr 2024 sind vier neue Ausbildungsverhältnisse entstanden. Eva Thoms erklärt: „Es ist Entwicklungsarbeit. Ständig bricht an irgendeiner Stelle ein Feuerchen aus.“ Auch bringen die jungen Menschen unterschiedliche Voraussetzungen mit und durchlaufen die Phasen im Projekt auf ihre ganz individuelle Weise. So gibt es Teilnehmende, die schon längere Zeit auf einem Außenarbeitsplatz arbeiten und sich nicht in Richtung Ausbildung entwickeln. Andere wiederum beschließen, doch erst einmal in der Werkstatt zu bleiben. Haben sie sich aber schließlich für eine Ausbildung entschieden, bleiben 90 Prozent dabei.

Diese Ausbildung dann schließlich abzuschließen, das ist gar nicht das erklärte Ziel des Projekts. Es geht vielmehr darum, dass den Menschen mit Beeinträchtigung die gleichen Türen offenstehen wie Gleichaltrigen ohne Beeinträchtigung, dass sie die Möglichkeit haben, im Rahmen einer dualen Ausbildung so weit zu gehen und so viel zu erlernen und zu leisten wie sie können und wollen. Im Kern geht es darum, dass sie gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, auch im Bereich der beruflichen Bildung. Eva Thoms zieht deshalb eine positive Bilanz: „Die jungen Leute fühlen sich wohl in der Ausbildung, sie machen unglaubliche Lernfortschritte. Wir haben mit bald zwei Ausbildungsabschlüssen und zahlreichen bestandenen Zwischenprüfungen Erfolge vorzuweisen, die spektakulär sind! Und die Betriebe sind zufrieden.“

Bisher hat das Projekt „Ausbildung mittendrin“ in Deutschland noch einen ganz besonderen Status. Das muss aber nicht so bleiben, betont Eva Thoms: „Das Vorhaben, auch junge Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung in Ausbildung zu bringen, ist bundesweit überall umsetzbar. Wir wenden einfach nur die bestehenden Regeln und Förderinstrumente an.“

Für das Pionierprojekt läuft Ende 2026 die Förderung aus. Bis dahin, so die Hoffnung, hat Ausbildung mittendrin aber genau das bewirkt, wofür es ursprünglich gestartet worden ist: Dass bei den zuständigen Akteuren wie beispielsweise der Bundesagentur für Arbeit die Strukturen geschaffen werden, mit denen jedem Menschen mit Behinderung die Tür zu einer dualen Ausbildung offensteht.

Weitere Infos:

https://www.mittendrin-koeln.de/angebote/ausbildung-mittendrin

mittendrin e.V., Luxemburger Straße 189, 50939 Köln,

0221 33 77630info@mittendrin-koeln.de

 

Cookie-Einstellungen
Auf dieser Website werden Cookie verwendet. Diese werden für den Betrieb der Website benötigt oder helfen uns dabei, die Website zu verbessern.
Alle Cookies zulassen
Auswahl speichern
Individuelle Einstellungen
Individuelle Einstellungen
Dies ist eine Übersicht aller Cookies, die auf der Website verwendet werden. Sie haben die Möglichkeit, individuelle Cookie-Einstellungen vorzunehmen. Geben Sie einzelnen Cookies oder ganzen Gruppen Ihre Einwilligung. Essentielle Cookies lassen sich nicht deaktivieren.
Speichern
Abbrechen
Essenziell (1)
Essenzielle Cookies werden für die grundlegende Funktionalität der Website benötigt.
Cookies anzeigen