Im Schuljahr 2022/23 wurde bei 581.265 Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt. Dabei besuchte mehr als jede:r zweite Schüler:in mit Förderbedarf eine Förderschule (55,6 %), während 44,4 Prozent an einer allgemeinen Schule und damit inklusiv unterrichtet wurde. Die Exklusionsquote als zentraler Indikator für die Umsetzung der Ziele der UN-BRK lag im Schuljahr 2022/23 bei 4,2 Prozent. Damit hat sich die bundesweite Exklusionsquote im Vergleich zum Vorjahr (2021/22: 4,3 %) kaum verändert. Überraschend ist, dass die Förderquote erstmals leicht gesunken ist (2022/23: 7,6 % vs. 2021/22: 7,8 %).
Der Vergleich zum Schuljahr 2008/09 macht deutlich, dass Deutschland sich den Zielen der UN-BRK nur langsam angenähert hat. Das zeigt sich vor allem anhand der über die Jahre nur minimal gesunkenen bundesweiten Exklusionsquote (2008/09: 4,8 % und 2022/23: 4,2 %). Nach wie vor koexistieren bundesweit häufig zwei voneinander getrennte Schulsysteme, allgemeine Schulen und Förderschulen. Während beim Ausbau des inklusiven Schulsystems Fortschritte erzielt wurden, kommt der Abbau des Förderschulsystems nur langsam voran.
Darüber hinaus ist die Entwicklung in den 16 Bundesländern sehr heterogen. Die Exklusionsquote nähert sich längst nicht in allen Ländern der Null an (Länderquoten zwischen 0,7 % und 6,4 %), obwohl es die in der UN-BRK festgehaltenen Ziele so vorsehen. Dies zeigt, dass es in Deutschland kein länderübergreifendes, gemeinsam beschlossenes und koordiniertes Vorgehen für den Ausbau des inklusiven Schulsystems gibt. Das Vorankommen hängt somit vor allem von den Bestrebungen der einzelnen Länder ab.
Schule als Gesellschaft von morgen: Inklusion darf nicht an Aktualität verlieren
Gerade weil sich die Gemengelage verschiedener Bildungskrisen gegenwärtig zu verdichten scheint, darf die Selbstverpflichtung Deutschlands zum Ausbau des inklusiven Schulsystems nicht in Vergessenheit geraten. Denn die Beschulung in Sonderstrukturen wie der Förderschule ist für viele Menschen mit Behinderung ein Glied in einer sich fortsetzenden Exklusionskette. So haben Schüler:innen an Förderschulen beispielsweise ein erhöhtes Risiko, die Schule ohne staatlich anerkannten Schulabschluss zu verlassen und damit häufig schlechtere Startchancen für das Berufsleben (vgl. Klemm, 2023). Es geht also nicht nur um einen chancengerechten Zugang zu Bildungsangeboten, sondern auch um die aktive Teilhabe an der Gesellschaft und das Aufwachsen und Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung.
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